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Geschlechterverhältnis

Geschlechterverhältnis

Für Geschlechterfragen ist das ‘Department of Gender’ im ‘Ministry of Gender & Youth, Sports & Recreation’ zuständig.  

Lesotho hat das Protokoll zur Gleichstellung der Geschlechter der SADC (Southern African Development Community) unterschrieben (2008) und ratifiziert (2010). Regelmäßige Berichte der SADC dienen der Fortschrittskontrolle. Der Bericht des Jahres 2013 ist fokussiert auf die Regierungsführung (Artikel 12 & 13 des Protokolls). Der Fortschrittsbericht von 2016 geht u.a. auf die Agenda 2030 ein.

Das zivilgesellschaftliche Netzwerk ‘Southern Africa Gender Protocol Alliance’ überwacht ebenfalls die Implementierung des Protokolls. In einem jährlichen Bericht werden die Länder miteinander verglichen. Hierzu werden Daten zu den 28 Zielen des Protokolls erhoben. Ebenfalls erscheinen Länderberichte. Der Bericht des Jahres 2015 weist zwar auf bedeutende Erfolge in Lesotho hin, betont jedoch zugleich, dass noch viel getan werden muss.
Das Netzwerk hat zwei Messinstrumente entwickelt, mit denen der Fortschritt der Implementierung gemessen wird:
(1) der SADC Geschlechter- und Entwicklungsindex (Gender and Development Index, SGDI), eingeführt im Jahr 2011 als ein regionales Messinstrument (Barometer) von 23 Indikatoren in 6 Sektoren und in Ergänzung dazu
(2) die Ergebnisse von jährlichen Bevölkerungsbefragungen seit 2010 (Citizen Score Card, CSC).

Die Nichtregierungsorganisation ‘Gender Links’ (GL) wurde 2001 mit dem Hauptsitz in Johannesburg (SA) gegründet mit dem Ziel, die Gleichberechtigung von Frauen im Südlichen Afrika zu fördern. Sie verfügt über mehrere Länderbüros, darunter seit 2011 auch über eins in Lesotho. In enger Kooperation mit der Regierung unterstützt GL die Zielerreichung des SADC-Protokolls zur Gleichstellung der Geschlechter. Basierend auf einem Strategiepapier legen sie ihren Fokus auf den Bereich 'Gender Mainstreaming' in den Gemeinden. In Kooperation mit der ‘Southern Africa Gender Protocol Alliance’ und weiteren Organisationen fand im Mai 2014 ein Gipfeltreffen (Southern Africa Gender Protocol Summit) unter dem Motto ‘50/50 by 2015: Demanding a strong post 2015 agenda’ in Südafrika statt. Ein Monat zuvor tagte ein nationaler Gipfel in Lesotho sowie zwei auf der Distriktebene.

Nach den Wahlen von 2012 und 2015 wurden weitaus weniger Ministerinnen ernannt als noch 2012 im Amt waren. Derzeit werden von den 25 Ministerien fünf von Frauen geführt. Demnach liegt ein deutliches Verfehlen der angestrebten Parität ab 2015 vor. Im Mai 2015 saßen im Abgeordnetenhaus (National Assembly) und im Senat jeweils ca. 25 % Frauen. Dieser Prozentsatz sank leicht nach den Wahlen 2017.

Dagegen wurde im Rechtswesen die angestrebte Stärkung der Frauen erfolgreich umgesetzt. So gibt es insgesamt mehr Richterinnen als Richter und eine Präsidentin (Nthomeng Majara) des Obersten Gerichtshofes.

Positiv ist ebenfalls die Situation in den Gemeinderäten. Seit 2011 werden 49 % der Mitglieder von Frauen gestellt. Damit wurde die Zielgröße von 30 %, vorgegeben im ‘Local Government Election Act (Amendment)’ von 2004, sogar überschritten. Höhere Positionen werden jedoch mehrheitlich von Männern bekleidet.

Im ‘National Assembly Electoral Act’ (2011) sind Verfahren festgelegt, die sicherstellen sollen, dass Frauen auf den Wahllisten der Parteien gleichberechtigt vertreten werden.
Die Regierung hat inzwischen ein Programm gestartet, um mittels Erziehung, Information und Ausbildung einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung, vor allem bei Frauen in den ländlichen Regionen, zu schaffen.

Auffallend in Lesotho ist der Bildungsbereich. Hier sind Frauen präsenter als Männer. Bereits seit mehreren Dekaden besuchen beispielsweise weitaus mehr Mädchen als Jungen die Sekundarschule (siehe auch Grafik unten). So betrug z.B. im Jahr 2011 ihr Anteil laut der Weltbank 56,7 %. Insgesamt ist hier ein positiver Trend Richtung Gleichheit zu verzeichnen. Betrug beispielsweise das Geschlechterverhältnis (Mädchen:Jungen) im Jahr 1978 noch 145:100, lag es im Jahr 2011 bei 106:100 (Quelle: Weltbank). Die geringere Präsenz der Jungen im Bildungssystem schlägt sich auch auf die geringere Alphabetisierungsrate unter den Männern wieder (siehe Grafik unten). Die Gründe sind in der landwirtschaftlichen Arbeitsteilung zu suchen. Die Jungen müssen häufig die Rinder hüten und bleiben somit dem Schulbesuch fern. Die jungen Hirten bleiben nicht selten für mehrere Wochen in den Bergen bei den Rindern. Die Kultur der Hirtenjungen ist detailliert in der Doktorarbeit von Petikoe untersucht worden.

Indikatoren

Der Gender Inequality Index (GII) des UNDP ist 0,549, damit liegt Lesotho auf Rang 132 von 157 untersuchten Ländern (2015). Der GII ist ein mehrdimensionaler Indikator und umfasst mit fünf eindimensionalen Indikatoren die Bereiche Reproduktive Gesundheit, Stärkung der Frau bzw. ‘Empowerment’ (Politik und Bildung) und Wirtschaft. Der Wert reicht von 0 bis 1, wobei der Wert 0 absolute Gleichberechtigung bedeutet.

Vom UNDP stammt auch der Gender Development Index (Index der geschlechtsspezifischen Entwicklung). Der GDI wird ermittelt als Quotient des für Frauen wie für Männer getrennt ermittelten HDI-Wertes. Je kleiner dieser Wert ist, desto stärker sind bezüglich der hiermit erfassten Lebensqualität Frauen gegenüber Männern benachteiligt. Der Wert reicht von 0 bis 1. Seit 2000 liegt der Wert in Lesotho weit über 0,9.

Der ‘Gender Equity Index’ (GEI) der Nichtregierungsorganisation ‘Social Watch’ misst den Abstand zwischen Bildung, Wirtschaft und politischer Stärkung (Political Empowerment). Der Wert reicht von 0 bis 1, hier bedeutet der Wert 1 absolute Gleichberechtigung. Lesotho erzielte hier für das Jahr 2012 einen relativen guten Wert von 0,72 (Bildung:1; Wirtschaft: 0,83; Politik: 0,34) und liegt auf Rang 48. Aktuellere Daten liegen nicht vor.

Der Global Gender Gap vom World Economic Forum umschließt die Bereiche Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Politik. Der Wert reicht von 0 bis 1, der Wert 1 bedeutet absolute Gleichberechtigung. Im Jahr 2015 und 2016 erreichte Lesotho einen Wert von 0,706 und befand sich damit von 144 untersuchten Ländern auf Rang 57. 2011 schaffte es Lesotho auf den Rang 8.

Das Development Centre der OECD bietet weitere Daten und qualitative sowie quantitative Untersuchungen zum Themenkomplex Gender an. Das Zentrum bietet eine Datenbank (Gender, Institutions and Development Database) an und entwickelte den ‘Social Institutions & Gender Index’ (SIGI). Auf der Plattform Wikigender werden die Informationen zusammengetragen. Der SIGI ist derzeit der komplexeste Gender-Index. Die Diskriminierung in sozialen Institutionen wird in fünf Ländergruppen bewertet bzw. kategorisiert: very low, low, medium, high and very high. Mit einem Index von 0.0876  (2014) wird die Diskriminierung in Lesotho als niedrig (low) eingestuft. Jedoch sind die großen Unterschiede zwischen den Sub-Indexe zu beachten. Im Bereich Familie und Haushalt wird die Diskriminierung als hoch eingestuft.

Weitere Daten und Indikatoren sind dieser Webseite unter dem Menü Daten zu entnehmen.

Gewalt gegen Frauen, Mädchen und Kinder

Angestoßen durch das ‘SADC Gender Protocol’, das darauf abzielte, bis 2015 die Gewalttaten gegen Frauen um 50 % zu reduzieren, haben das Ministerium ‘Gender, Youth Sports and Recreation’, ‘Lesotho Bureau of Statistics’ und ‘Gender Links’ (GL) in 2013 eine quantitative und qualitative Studie zur Gewalt gegen Frauen durchgeführt. Nach dieser Studie haben in Lesotho 86 % der Frauen von Männern Gewalt erfahren, während 41 % der Männer dies zugeben. Im Hinblick auf die sozialen und kulturellen Faktoren, die eine Rolle bei der Gewalt gegen Frauen spielen, wurden Erkenntnisse früherer Studien weitgehend bestätigt. Sie sind allerdings nur zum Teil vergleichbar, weil sie auf unterschiedlich breiten Datensätzen beruhen. So sind in der Studie aus 2004 die ländlichen Gebiete weniger berücksichtigt als die dicht besiedelten Gebiete oder die Städte. Dabei können kulturelle und soziale Faktoren gerade auf dem Land eine größere Rolle spielen. Auch in der Gewichtung der Gewaltformen – sexuelle, körperliche, seelische oder ökonomische Gewalt – gibt es Unterschiede. Doch lassen die Studien eine Reihe von übereinstimmenden Erkenntnissen zu: 

  • Die meisten Fälle von Gewalt werden nicht gemeldet, weil die Polizei die Frauen oftmals erniedrigenden Verhören unterzieht, schlecht behandelt und nur zu einem geringen Prozentsatz den Frauen rät, die Tat nicht auf sich beruhen zu lassen und Strafantrag zu stellen.
  • Die Frauen fühlen sich vom Gesetz deshalb nicht ausreichend geschützt.
  • Eine eventuell erforderliche medizinische Untersuchung muss meist von den Frauen bezahlt werden.
  • Die ‘konservative Haltung’ der Dorfgemeinschaft macht die Frauen zum Gespött (gossip).
  • Vergewaltigte Frauen sind  in ihrer sozialen Umgebung stigmatisiert.
  • Die Politik reagiert nur auf Gewalt gegen Frauen, statt die Prävention zu stärken, indem mehr und besser ausgebildete Polizisten und Polizistinnen für mehr Sicherheit sorgen.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend, andere Faktoren kommen hinzu, z. B. die Wertvorstellung der männlichen Bevölkerung und traditionelles Verhalten in der sozialen Gemeinschaft. 

Die Folgen der Gewalt gegen Frauen erhöhen auch das Ansteckungsrisiko mit HIV/AIDS und sind für den Familienzusammenhalt und ihre ökonomische Grundlage eine ernste Gefahr. Darauf hat die Ministerin des Inneren 2013 in einem Statement auf der 57. Sitzung der ‘Commission of the Status of Women’ in New York hingewiesen. 

“Turning to the impact of HIV/AIDS, in particular on women and girls, we wish to underscore that, the pandemic remains a daunting challenge Lesotho is seized with. Its impact is being felt across sectors. The consequences of sexually transmitted diseases, HIV/A1DS, compounded by sexual violence are far reaching.”
(Übersetzung: Ich spreche nun die Auswirkungen von HIV/AIDS an, insbesondere im Hinblick auf Frauen und Mädchen. Wir möchten unterstreichen, dass die Pandemie eine drohende Herausforderung für Lesotho darstellt. Alle Sektoren sind davon betroffen. Die Konsequenzen der sexuell übertragbaren Krankheiten, die durch sexuelle Gewalt noch verstärkt werden, sind unübersehbar.)

Sie unterstreicht, dass noch viel getan werden muss, um Gewalt gegen Frauen einzudämmen:
“It is however a sad reality that despite the efforts made to implement ‘Beijing Platform for Action’, violence against women and girls remain one of the most pervasive human rights violations.”
(Übersetzung: Es ist jedoch eine traurige Tatsache, dass trotz aller Anstrengungen der ‘Beijing Platform for Action’ die Gewalt gegen Frauen und Mädchen weiterhin eine allgegenwärtige Verletzung der Menschenrechte bleibt.)

Über sexuelle Gewalt gegen Kinder gibt es nur wenige Daten. Einen Eindruck vermittelt aber eine Studie von USAID aus 2013 mit dem Titel: ‘National Response Efforts to Address Sexual Violence and Exploitation against Children in Lesotho’. Danach waren 2011 in Lesotho in 5.8 % aller Haushalte mit Kindern mindestens ein Kind körperlicher Gewalt, davon 1,1 % sexueller Gewalt, ausgesetzt. Es wird vermutet, dass es nahezu 10.000 Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder gibt. Allerdings wird auf die schmale Datenbasis hingewiesen.

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